Mondorfs Trafohäuschen - wie der Strom nach Mondorf kam

In der Hafenstraße, der Eifelstraße und am Thelenkreuz stehen kleine Turmhäuser. Das sind nicht etwa Zweitwohnsitze von Rapunzel, sondern Transformatorenhäuser oder auch Transformatorstationen. Diese Türmchen wurden errichtet, um die Mondorfer Haushalte über eine Freileitung mit Elektrizität zu versorgen. Dennoch sterben diese Häuschen langsam aus, denn heutzutage werden Wohnhäuser und andere Gebäude unterirdisch mit Strom versorgt. Dies ist durch bessere Isolationsmaterialien möglich geworden.

Hafenstraße
Eifelstraße
Thelenkreuz

Im Stadtgebiet von Niederkassel gibt es 168 Transformatorstationen, von denen 32 in Mondorf stehen. Nicht alle sind so groß wie die 3 Turmstationen. 13 Stück befinden sich in ganz alltäglich aussehend einstöckigen Gebäuden. Die Station im Hummerich, an der Kreuzung mit der Thelengasse, sieht auf den ersten Blick aus wie eine Fertiggarage. Weitere 16 Transformatorstationen sind sogenannte Kompaktstationen, wie z.B. in der Rheinallee. Sie ähneln großen Schaltschränken oder Streugutkisten. Die letzten drei Turmstationen sind jedoch die ältesten verbliebenen in Mondorf. Die Station in der Hafenstraße wurde 1957, die beiden anderen 1959 erbaut.

Kompaktstarion in der RheinalleeKompaktstation in der Wiedstraße

Auffällig ist, dass diese Trafohäuser nie standardisiert waren. Die drei verblieben Trafohäuser in Mondorf sind alle unterschiedlich. Solche Gebäude sind überall in Deutschland immer dem baulichen Umfeld angepasst worden und mehr oder weniger architektonisch aufwändig verziert worden. Ein weiteres, völlig anders aussehendes, Transformatorenhaus stand am heutigen Adenauerplatz. Es wurde an die Halle der Mondorfer Korbflechterei gebaut. Die Halle beherbergte später die Papiergroßhandlung Florin. In der Baubeschreibung von 28.12.1926 heißt es:

„Der Neubau eines Transformatorhauses soll nach beiliegender Bauzeichnung … Gemarkung Mondorf errichtet werden. … Die Außenseiten werden mit Trierer Kalk verputzt. Der Sockel wird senkrecht und der Rumpf waagerecht gekratzt. Der obere Teil wird glatt geschabt.“

Der obere Teil ist vom Durchmesser etwas kleiner, sodass der Turm in der Ortsmitte deutlich eleganter wirkt. Das Gebäude wurde Anfang der 90er Jahre mitsamt der Halle abgerissen um einem großen Mehrparteienwohnhaus Platz zu machen.

Zeichnung aus dem Baugesuch von 1926 - Quelle: Stadtarchiv Niederkassel, I 1017Trafohaus am AdenauerPlatz in den 80er Jahren - Quelle : Roland Klinger

Niederkassel wird mit Mittelspannung aus einem Umspannwerk in Ranzel versorgt, in das 110 kV eingespeist werden. Mittelspannungsnetze werden mit 10, 20 oder 30 kV betrieben. In Niederkassel sind es aus historischen Gründen 11 kV (11.000 Volt). Diese hohen Spannungen sind nötig, um Strom über weite Entfernungen zu transportieren und Verluste durch den Widerstand der Leitung zu minimieren. Natürlich ist diese Spannung viel zu hoch, um damit Geräte im Haus zu betreiben. Daher wird in Transformatoren die Mittelspannung auf die Netzspannung von 400 V transformiert. Ein Transformator, abgekürzt auch Trafo, ist ein Bauteil mit zwei unterschiedlich großen Spulen, bei denen das Verhältnis von Eingangs- und Ausgangsspannung dem Verhältnis der Windungen der Spulen entspricht. Die 400 V werden dann über einen Niederspannungsverteiler zu den Häusern in 5 Leitungen geführt. In der Regel werden etwa 120 Haushalte oder Zähler von einer Trafostation versorgt. Drei Außenleiter (Phasen), ein Nulleiter und eine Erde. Zwischen einem Außenleiter und dem Nulleiter liegen 230 V an, zwischen zwei Außenleitern liegen 400 V an. Im Haus kann im Sicherungskasten dann durch entsprechende Verschaltung die passende Spannung zu den Steckdosen geführt werden. 400 V für einen Herd, 230 V für eine „normale“ Steckdose oder einer Lampe.

Transformator - Quelle: Rhein-Sieg-Netz GmbH Ein Unternehmen der renagVerteiler - Quelle: Rhein-Sieg-Netz GmbH Ein Unternehmen der renag

Die Mondorfer Trafohäuschen werden, ebenso wie die moderneren Transformatorstationen unterirdisch mit der Mittelspannung versorgt. Von den Trafohäuschen werden dann über eine Freileitung die Haushalte mit Netzspannung versorgt. Da die Haushalte aber der Reihe nach versorgt werden, birgt dies einen erheblichen Nachteil. Wird auf diesem Weg ein Haus abgerissen, oder sind Umbauarbeiten am Dachstuhl erforderlich, dann können die dahinter liegenden Häuser nicht mit Strom versorgt werden. Deshalb hat sich die unterirdische Versorgung auch für die Netzspannung durchgesetzt, da hier in der Erde vor jedem Haus Abzweige liegen. Jedes Haus kann nun für Umbauten vom Netz getrennt werden, ohne dass andere Haushalte gestört werden. Außerdem ist die unterirdische Verlegung weniger störanfällig. Durch Sturmschäden kam es früher häufiger zu Stromausfällen von ganzen Straßenzügen.

 

Schaubild zu Freileitungen und Erdverkabelung

 

Doch seit wann gibt es in Mondorf überhaupt Strom? Hierzu konnte uns das Historische Konzernarchiv RWE Auskunft geben. Dort nahm man sich viel Zeit bei der Beantwortung unserer zahlreichen Fragen, sodass wir die Antworten hier zitieren wollen:

Zitat Anfang:

Wie alle späteren Ortsteile von Niederkassel hat auch die Gemeinde Mondorf mit dem Elektricitätswerk Berggeist (EWB) Im Oktober/November 1904 einen Konzessionsvertrag geschlossen. Dieser Vertrag beinhaltetet den Aufbau und Betrieb eines elektrischen Versorgungsnetzes in der Gemeinde Mondorf durch die EWB. Wann genau die ersten Leitungen verlegt wurden, ist leider nicht mehr nachvollziehbar. Vermutlich ist dies im Jahr 1905 erfolgt.

Versorgt wurde Mondorf ebenso wie die anderen genannten Gemeinden durch das Elektricitätswerk Berggeist AG, das in Brühl ein Kraftwerk im Anschluss an die Grube Berggeist betrieb. Dieses Kraftwerk ging 1899 mit knapp 1 Megawatt Leistung in Betrieb und war damit das erste Braunkohlenkraftwerk der öffentlichen Versorgung im rheinischen Braunkohlenrevier. Es ist damit sozusagen die Urahnin der heutigen Großkraftwerke in Niederaußem, Neurath und Frimmersdorf.

Um den rasch steigenden Strombedarf der neuen rechtsrheinischen Versorgungsgebiete des EWB (und damit auch Mondorf) zu decken, ließ die EWB bereits ein Jahr nach der Verlegung eines ersten Rheinkabels 1905 ein zweites Kabel von Brühl aus durch den Rhein in den Bereich der heutigen Stadt Niederkassel legen.

Im gleichen Jahr übernahm das Rheinisch-Westfälische Elektricitätswerk (RWE) die Elektrizitätswerk Berggeist AG. Für die Gemeinden änderte sich vorerst nichts, die EWB blieben ihr Ansprechpartner. Das rechtsrheinische Versorgungsgebiet des EWB wurde vermutlich noch vor dem Ersten Weltkrieg an das RWE-Netz angeschlossen. Das Kraftwerk Berggeist verlor mit der Inbetriebnahme des für damalige Verhältnis riesigen und topmodernen RWE-Kraftwerks Goldenberg in Knapsack im Jahr 1914 stark an Bedeutung und wurde 1925 stillgelegt.

Der erste Konzessionsvertrag zwischen der EWB und der Gemeinde Mondorf war eigentlich auf 25 Jahre geschlossen, wurde aber bereits im Januar 1913 durch einen neuen Konzessionsvertrag ersetzt. Dieser Vertrag sollte ursprünglich 30 Jahre laufen, ist dann aber bereits im Herbst 1926 durch einen weiteren neuen Konzessionsvertrag ersetzt worden.

1931 übernahm dann RWE von der Elektrizitätswerk Berggeist AG die gesamten Anlagen, Aktiven und Passiven und führte diese als RWE Betriebsverwaltung Berggeist weiter fort. Das Unternehmen EWB wurde daraufhin im Jahr 1934 aufgelöst.

Zitat Ende

Gebaut und betrieben wurde das Stromnetz in Niederkassel also ursprünglich vom EWB und später von RWE. Wer für den Betrieb und Ausbau eines Stomnetzes in einer festgelegten Region verantwortlich ist, wird durch sogenannte Konzessionsverträge geregelt. Bis zum 31.12.2013 war das RWE durch einen entsprechendem Vertrag mit der Stadt Niederkassel dafür verantwortlich.

Bis zur Energiemarktliberalisierung im Jahr 1998 lieferte RWE auch den Strom für Niederkassel praktisch per Gesetz. Bis zu diesem Zeitpunkt galt ein gesetzliches Gebietsmonopol das ein Stromanbieter zu bedienen hatte. Der Versorger (RWE) war durch den Versorgungzwang dazu verpflichtet alle Verbraucher in einem festgelegten Gebiet zu versorgen.

Nach 1998 wurden Stromerzeugung (Kraftwerke), Stromverteilung (Netze) und Stromvertrieb (Verkauf) getrennt. Durch die Trennung stand es nun jedem Verbraucher frei, seinen Strom bei einem Lieferanten seiner Wahl zu kaufen. RWE besaß noch bis zum 31.12.013 die Konzession zum Betrieb des Stromnetzes in Niederkassel. Die am 1.1.2014 neu gegründete „Energieversorgung Niederkassel (EVN)“ betreibt seitdem das Stromnetz der Stadt Niederkassel durch einem neuen Konzessionsvertrag.

Die EVN ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Stadt Niederkassel (51%) und der rhenag, Rheinische Energie AG (49%). Den operativen Strom-Netzbetrieb teilen sich die Westnetz (Netzgesellschaft der RWE) und die Rhein-Sieg Netz (Netzgesellschaft der rhenag). Sie sorgen dafür, dass das Stromnetz ordnungsgemäß betrieben wird, neue Anschlüsse gelegt, alte Leitungen ausgetauscht und Störungen behoben werden.

So stellen sich die Zuständigkeiten heute wie folgt dar:

  • Für den Transport des Stroms zu den Haushalten, Gewerben und Industrien und für die Anbindungen von regenerativen Erzeugungsanlagen (z.B. Photovoltaik) ist jedoch ausschließlich die EVN mit ihren Partnern Rhein-Sieg Netz bzw. Westnetz zuständig.
  • Der Grundversorger für Niederkassel die RheinEnergie AG. Grundversorger bedeutet, dass dies das Unternehmen ist, von dem die meisten Haushalte ihren Strom beziehen.

 

Quellenangaben:

Bildquellen:

  • Die Bilder des Inneren eines Trafohäuschens - Rhein-Sieg-Netz GmbH Ein Unternehmen der renag
  • Bild des Baubanntages des Trafohäuschens auf dem Adenauerplatz - Stadtarchiv Niederkassel, I 101
  • Bild des Trafohäuschens auf dem Adenauerplatz – Roland Klinger – www.mondorf-rhein.de

Hinweis:
Dieser Artikel entstand aus der Vielzahl von Informationen die wir bei der Recherche zum 45. Mondorfer Bastelbogen sammelten. Den Bastelbogen können Sie auf unserer Homepage kostenlos herunterladen.

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